Die Verrechnungssteuer – Teil 4: Aktuelle Rechtsprechung
Findea entwirft in einer vierteiligen Serie ein umfassendes Bild der Verrechnungssteuer, endend mit einem Einblick in die aktuelle Rechtsprechung.

Die Verrechnungssteuer hilft dabei, in der Schweiz die Steuerhinterziehung einzudämmen. Um dieses Ziel zu erreichen bedient sie sich einer einfachen Überlegung, welche etwas kompliziert ausgestaltet wurde. Findea erklärt deshalb in einer vierteiligen Beitragsserie, was die Verrechnungssteuer genau ist und wie sie konkret funktioniert. Dieser letzte Beitrag ist der aktuellen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Verrechnungssteuer gewidmet.
Der erste Beitrag erklärte, was die Verrechnungssteuer ist. Im zweiten wurde dargelegt, wie sie erhoben wird und im dritten, wie man sein Geld zurückerhält. Dieser letzte Beitrag behandelt die Aktuelle Rechtsprechung. In einem Bundesgerichtsurteil vom 21. März 2017 (2C_404/2016) befasste sich das oberste Gericht der Schweiz mit der Frage, was gemäss Art. 12 Abs. 1 VstV als eine rechtskräftige Entscheidung verstanden werden darf.Konkret ging es um die A. AG, mit einem einzigen Verwaltungsrat und Aktionär, genannt B. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), kam nach einer Buchprüfung zum Schluss, dass im Zeitraum 2007-2010 die Verrechnungssteuer nicht ordnungsgemäss deklariert wurde. Deshalb stellte Sie der A. AG bzw. deren Revisionsstelle eine (formlose) Zahlungsaufforderung zu. Diese wurde auch fristgerecht bezahlt. Die A. AG verlangte eine anfechtbare Verfügung, was von der ESTV abgelehnt wurde.
Die zentrale Frage drehte sich um die Steuerrückvergütung nach Art. 12 Abs. 1 VstV. Dieser besagt:«Bezahlte Steuern und Zinsen, die nicht durch Entscheid der ESTV festgesetzt worden sind, werden zurückerstattet, sobald feststeht, dass sie nicht geschuldet waren.»Das Bundesgericht sprach sich dahingehend aus, dass in diesem Fall die (formlose) Zahlungsaufforderung keinen Verfügungscharakter nach Art. 5 Abs. 1 VwVG besitze und somit kein «Entschied» ist. Zahlungsaufforderungen des Gemeinwesens können Verfügungscharakter haben. Besonders jedoch im Bereich der Selbstveranlagungssteuer, wo sich die Verrechnungssteuer befindet, ergehe im Normalfall gar keine Verfügung (E. 4.2.2).
Die ESTV argumentierte, dass der Begriff «Entscheid» in Art. 12 Abs. 1 VstV zu eng gefasst sei. Ihrer Auffassung nach, ist auch das vorbehaltslose Zahlen einer Zahlungsaufforderung ein Entscheid im Sinne des Gesetzes (E. 3.3.1).Das Bundesgericht widersprach dieser Auffassung. Es sagte, dass ein Irrtum über die Zahlungspflicht nicht nur dann bestehe, wenn die steuerpflichtige Person fälschlicherweise davon ausgehe, eine Steuer zu schulden. Ein Irrtum liegt auch dann vor, wenn die Person von der Behörde zu Unrecht zur Zahlung veranlasst wurde (E. 4.3.3).
Gegen eine Verfügung steht einem die Anfechtung offen. Unterbleibt eine Anfechtung, hat man die Verfügung akzeptiert und es ist keine Rückvergütung möglich. Wenn aber wie im beschriebenen Fall (bzw. oft im Bereich der Steuerselbstveranlagung) keine Verfügung ergeht, ist keine Anfechtung möglich. Art. 12 Abs. 1 VstV gibt deshalb Personen, welche über kein Rechtsmittel verfügen, die Chance, eine ungerechtfertigte Steuerschuld zurückzufordern, indem sie den Nachweis der Nichtschuld erbringt. Diesen Rechtsschutz darf man einer Person nicht entziehen, indem man sagt, sie hätte vorbehaltslos bezahlt (E. 4.3.3.).
Der Begriff «Entscheid» beinhaltet somit nicht das Vorbehaltslose zahlen einer Steuerforderung.Findea hilft Ihnen dabei, Ihre Steuern einfach und unkompliziert zu halten.